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Ein Rückblick auf 1111 Jahre Dorfgeschichte


Im Jahr 896 wird Exten erstmalig urkundlich erwähnt. Am 15. August jenes Jahres bestätigte Kaiser Arnulf die Gründung des Klosters Möllenbeck und nahm es in seinen Schutz. In der im Staatsarchiv Bückeburg verwahrten Urkunde heisst es, dass eine Edelfrau namens Hildburg und ein Priester, Folkhart genannt, in dem Orte Möllenbeck im Gau Osterburg unterhalb des Ortes Achriste ein Kloster errichtet haben. Heimatforscher sind der Ansicht, der Name Achriste sei keltischen Ursprungs. Demnach muss der Ort schon ein hohes Alter haben. Der Name Achriste wandelte sich über Eckersten (1237), Exterde (1352) und Ekkersten (1370) erstmalig im Jahre 1446 zu Exten. 1493 lesen wir dann die Form Exsteren, 1513 Ecksteren und 1565 Extern. Ab dem 17. Jahrhundert wird in allen Urkunden nur noch der Name Exten geführt.
Nach kirchlichen Forschungsergebnissen ist die Kirche in Exten in den Jahren vor 790 gegründet worden. Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde hat 1990 das 1200jährige Bestehen gefeiert. Exten war zurzeit der Christianisierung der Sachsen eine Ur-Gemeinde. In der Kirche wurden Taufbewerber aus einem weiten Umkreis getauft.
Nach der ersten urkundlichen Nennung des Ortes Exten im Jahre 896 erhalten wir die nächste Kunde erst Anfang des 13. Jahrhunderts. 1213 soll ein Ritter Gerslaff von Eckersten gelebt haben, der für seine Dienste vom Bischof von Minden Land sowie Zinsen und Zehnten in Exten geschenkt bekam. 1224 wird „de Eckersten" als Besitzer vieler Höfe und anderer Rechte im hiesigen Raum genannt. Damit beginnt die Ära dieses Adelsgeschlechts, das sich nach dem Namen des Dorfes nannte und eine ursprünglich mindische, später schaumburgische Ministerialenfamilie war. Die von Eckersten waren über 300 Jahre hier ansässig.
1227 werden Vogteirechte für Exten und Hohenrode erwähnt, die vom Bischof von Paderborn an den Grafen von Schwalenberg zurückgegeben werden. Zwischen 1329 und 1370 besaßen die von Driburg Vogteirechte in Exten und anderen Schaumburger Orten.
Im Jahre 1311 wird die „villicatio" oder das „officium" Eckersten erwähnt. Das Amt gehörte dem Bistum Minden. Es umfasste einen großen Güterbezirk, der von Müsingen bei Bückeburg bis weit ins Sternbergische reichte und zu dem ein Teil der Exter Feldmark gehörte. Erstmalig 1312 tritt das Kloster Möllenbeck urkundlich als in Exten begütert auf. 1317 werden Güter in Exten erwähnt, deren Abgaben einem Fond zur baulichen Erhaltung der Klosterkirche zuflossen. 1325 kaufte das Kloster die Ellermühle, die älteste in Exten bestehende Wassermühle.
In der Zeit zwischen 1238 und 1328 verlegte die Weser ihr Bett näher an die Stadt Rinteln heran, und die Exter suchte sich eine andere Mündung in den Fluss. Um die Rintelner Mühle wieder mit Wasser versorgen zu können, wurde ein Mühlengraben - die jetzige neue Exter - ausgehoben und in Exten ein Wehr erbaut. Das Mühlenrecht des Klosters Rinteln, dem die Mühle gehörte, sicherte der Graf von Schaumburg 1344 durch ein Privileg.
Im 14. Jahrhundert war Exten auch Gerichtsort; 1323 und 1385 wird ein Go-Gericht genannt. 1352 wird der Kehlhof erwähnt. Er ist paderbornisch-sternbergisches Lehen der von Rottorp. In einer Möllenbecker Urkunde von 1360 befinden sich erstmals Flurnamen, die heute noch gelten, wie Landmark, Kattenmeer und Behrn. 1386 verlieh das Kloster Möllenbeck die Roßmühle - eine von einem Göpel mit Pferden angetriebene Mühle - an Johann von Rottorp. Noch heute erinnert der Flur- und Straßenname „Rote Mühle" an diesen Handwerksbetrieb.
Über das 15. Jahrhundert ist vieles aus Möllenbecker Urkunden zu entnehmen. Nachdem die Augustiner-Chorherren das Kloster übernommen hatten, wurde 1447 in einem Bestandsverzeichnis der Besitz des Klosters niedergeschrieben. Es verzeichnet unter Exten vier Höfe, einen Kotten und verschiedene Ländereien. In der Folgezeit wechselten die Besitzverhältnisse vielfach durch Tausch oder Verkauf. Wahrscheinlich haben die von Eckersten Land an sich genommen, denn um 1450 beschweren sich die neuen Klosterherren wegen der Übergriffe der Extener Ritter. 1477 war dieser Streit wahrscheinlich beigelegt; die von Eckersten verkauften ihre Mühle (die spätere Koch'sche Mühle) an das Stift, wozu der Schaumburger Graf seine Zustimmung gab. Aus dem Jahr 1450 ist noch über den Bau einer neuen Mühle im Boll (Poll) zu berichten. Wie lange diese Mühle bestanden hat, ist nicht bekannt.
Aus dem Jahr 1512 meldet die Chronik eine große Dürre, die von April bis Oktober anhielt. „War die große Klage umb Wasser, den man konnte nirgends zu mahlen bekommen. In der gantzen Grafschaft Schawenburg gieng nicht mehr den eine Mühle zu Exter." Ein Beweis für den Wasserreichtum unserer Exter.
Anno 1516 kam es zwischen dem Bischof von Minden und den von Eckersten zu einem Streit, über den es heisst: „Kam Hertzog Frantz von Braunschweig, Bischoff zu Minden, mit Reutern und Knechten vor Rinteln und suchet seine Feinde, die Junckeren von Exter. Da er die nicht fand, griff er aber 20 Bürger, so an dem Schnit im Velde oder der Erndte waren und führet sie mit sich hinweg." Über den Grund und den Ausgang der Fehde ist nichts bekannt.
Nach dem Tod des Bernd von Eckersten um das Jahr 1550 folgte ihm in Exten sein Schwestersohn (Neffe) Jost von Wartensleben. Bei dieser später gräflichen Familie, ist das Extener Rittergut bis nach 1800 geblieben.
Kurz vor Einführung der Reformation in der Grafschaft Schaumburg, die etwa um 1560 stattfand, wurde im Jahre 1548 der Turm der Extener Kirche teilweise erneuert. Eine Tafel über der Turmtür mit dem Schaumburger Wappen und teils römischen, teils arabischen Ziffern weist darauf hin.
Einen ausführlichen Überblick über das Dorf geben uns das Schatzregister für die Grafschaft Schaumburg von 1561 und das Besaatregister von 1565. Das Schatzregister enthält die erste Einwohnerliste, und das Besaatregister macht uns mit der Größe sämtlicher Stellen Extens, ihren Meyern und deren persönlicher Stellung bekannt. Es sind 25 Kötner- und vier Brinksitzerstellen aufgeführt.
Damals war Exten Hauptort der Exter Vogtei oder Exter Börde. Dieser Verwaltungsbezirk umfasste mit den Hauptorten Exten, Hohenrode, Wennenkamp, Volksen, Krankenhagen, Uchtdorf und Strücken insgesamt 15 Dörfer und Einzelhöfe mit zusammen 108 Feuerstellen und 2715 Morgen Ackerland. Vogt dieser Vogtei war 1516 Curt Brand. Er hatte seinen Wohnsitz in Exten. Die späteren Vögte wohnten in Rinteln.
Das 17. Jahrhundert ist vor allem geprägt von den Auswirkungen des 30jährigen Krieges (1618-1648) und dem späteren Wiederaufbau. Doch zunächst einige Begebenheiten aus dem Beginn dieses Zeitraums. Vermutlich hat Exten kurz nach 1600 eine Schule bekommen. Graf Ernst 1. von Schaumburg, der auch 1621 die Universität in Rinteln gründete, ließ bald nach seinem Amtsantritt in vielen Orten Schulen einrichten. Hierunter wird auch Exten als eines der größten Dörfer in der Grafschaft gewesen sein. Im Jahre 1614 wird in den Kirchenrechnungen ein Schulhausneubau erwähnt, der 151 Reichtstaler kostete. Im folgenden Jahr werden noch 38 Taler ausgegeben, vermutlich für den Innenausbau. Das Haus wurde an der Kirche errichtet. Weiteres über die Schule wird in einem besonderen Abschnitt dargestellt.
Aus dem Jahr 1613 ist über die Verurteilung zweier Extener Bürger zu berichten. Henning Ladage wird wegen Beischlafes vor der Ehe zu 15 Talern Strafe verurteilt. Eine sehr harte Strafe, wenn man bedenkt, dass der Schulhausbau ca. 190 Taler kostete. Und Henrich Storck musste drei Taler zahlen, weil er dem Jägerknecht Heinrich Papen mutwilligerweise Gänse totgeschlagen hatte.


Nun zum 30jährigen Krieg. Erstmalig kamen nach vier Jahren Ruhe 1622 fremde Truppen ins Wesertal. Die Vogteien Exten und Lachem wurden besetzt und geplündert. Weitere Besetzungen folgten 1623, 1624 und 1625. Von 1626 bis 1629 lag der kaiserliche General von Gronsfeld in der Grafschaft. Allein an der Kirche, Pfarre und Küsterei in Exten entstanden Schäden in Höhe von 23 Talern und der Pfarrer musste fünf Taler Kontributation zahlen.
Weitere Besetzungen und Plünderungen folgten in den Jahren 1631 bis 1639. Dazu kam noch die Pest. Im Winter 1636/37 raffte die Seuche viele Menschen dahin. Für Exten liegen keine Angaben über die Zahl der Opfer vor. Aus Rinteln ist bekannt, dass dort allein 80 Schüler starben. 1640/41 ließen die Kriegswirren etwas nach, aber 1642 werden erneut schwere Verwüstungen angerichtet. Die Beunruhigungen hören in den Jahren 1643 bis 1647 zwar noch nicht ganz auf, doch es ist das Schlimmste überstanden. Ein anderes Unglück kam im Winter 1643 über das Dorf. Die Weser brachte ein starkes Hochwasser. Es richtete an den Häusern und der Wintersaat großen Schaden an.
Am Anfang des Krieges hatte Exten 35 Feuerstellen gehabt, 1646 waren es nur noch 18. Die Hälfte der Höfe war somit verwüstet. Nach Friedensschluss 1648 ging der Wiederaufbau ziemlich schnell vonstatten. 1654 lagen nur noch zwei Stellen wüst. Bis 1692 wuchs die Zahl der Stellen auf 39, von denen eine noch wüst war. 1700 waren dann alle Stellen wieder besetzt. Der Ort hatte 220 Einwohner.

 


 

 Die Zahl der Geburten sank im Krieg erheblich. So werden für das Jahr 1605 im Kirchspiel Exten 40 Geburten vermerkt, 1626 wird der tiefste Stand mit 10 Geburten erreicht. In den einzelnen Kriegsjahren gab es erhebliche Schwankungen. Der alte Stand wird erst 1684 wieder erreicht.
Der Krieg hatte auch auf die Moral der Bürger einen schlechten Einfluss. So werden in der Nachkriegszeit weit mehr Vergehen begangen und Strafen verhängt als vorher. Da das Landleben zu armselig war, ließen sich auch einige Bürger für fremde Kriegsdienste anwerben. Sie wurden aber vorher gefasst und jeder musste zwei Taler Strafe bezahlen. Ein Wiederholungstäter wurde gar zu zehn Talern Strafe verurteilt.
Aus dem Jahr 1704 ist zu berichten, dass der Amtmann und Accisinspektor A. Harenc und dessen Frau - eine bretonische Emigrantenfamilie - den oberen Hof erwarben. Dieser Hof wird heute noch landwirtschaftlich genutzt. Die zu ihm führende Straße heißt "Auf dem Harank".
1727 errichteten die von Wartensleben das heutige Herrenhaus des Rittergutes im spätbarocken Régencestil. Die übrigen Wirtschaftsgebäude und die im Gutspark gelegene Orangerie entstanden kurz nach 1800. Ein Brand vernichtete im Jahre 1737 in einer Nacht die Höfe Nr. 5, 8 und 16. Die Not der Betroffenen war groß, zumal wenn man bedenkt, dass es damals noch keine Versicherungen gab. In solchen Notfällen war es üblich, in der näheren und auch  weiteren Umgebung zu Spenden aufzurufen, die in Form von Naturalien oder Bargeld gegeben wurden. So wird auch hier geholfen worden sein. Aus den Jahren 174O, 1763, 1768, 1769 und 1770 werden große Überschwemmungen gemeldet, die erhebliche Schäden im Dorf und in der Feldmark anrichteten. Einige Male war die Exter, dann wieder die Weser über die Ufer getreten.

1745 wurden die beiden hinteren Eisenhämmer auf herrschaftlichem Besitz, 1767 die beiden vorderen auf Gemeindegrund angelegt. Diese vier Betriebe gaben über lange Zeit cirka 15 Männern Arbeit und Brot. Noch bis 2004 wurde in einem Eisenhammer Spaten und Hacken hergestellt.
Ab dem Jahre 1755 sind die Namen der Extener Bürgermeister bekannt. Von diesem Zeitpunkt bis 1796 hatte Tönnies Bünte Nr. 18 dieses Amt inne. Die lange Dienstzeit begründet sich darauf, dass die Bürgermeister auf Lebenszeit ernannt wurden. Ein Verzeichnis aller Bürgermeister folgt später. Aus den Einwohnerzahlen von 1782 ist uns erstmalig die genaue Zusammensetzung bekannt. Es wohnten in Exten 95 Männer, 104 Frauen, 117 Söhne, 114 Töchter, 17 Knechte, 21 Mägde und 5 Gesellen, insgesamt also 473 Einwohner. Die Zahl hatte sich gegenüber dem Jahr 1700 mehr als verdoppelt. An Vieh wurden damals gezählt: 64 Pferde, 130 Kühe, 100 Schafe. Die Extener Mühle war zu jener Zeit eine Bannmühle, d. h. die Einwohner von Exten, Saarbeck, Strücken, Hohenrode und Wennenkamp waren verpflichtet, dort ihr Brotgetreide mahlen zu lassen. Der Pächter, Beständer genannt, musste eine hohe Pacht zahlen, und zwar jährlich für die Mahlmühle 630 Reichstaler und für die 1720 eingerichtete Schneidemühle 60 Reichstaler. Der Anger wird zu jener Zeit als Gemeindehude genutzt. Wahrscheinlich gab es dort noch keine Häuser.


Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlieh der Kurfürst von Hessen, dem Exten seit der Teilung der Grafschaft Schaumburg im Jahre 1647 unterstand, zur Aufbesserung des Staatsetats seine Soldaten an fremde Mächte. Mancher Extener war in den Jahren von 1775 bis 1783 im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eingesetzt, und nicht alle kamen wieder nach Hause. Schicksale aus der damaligen Zeit hat Walter Maack in seinem Buch „Die Leute von der Nagelei" eingehend geschildert.
Aus der Zeit um 1800 ist zu berichten, dass auf kurfürstlichen Befehl zur Forcierung des Kartoffel-Anbaus in Exten wie auch in anderen Orten der Grafschaft Pflanzgärten angelegt wurden.

Nach der französischen Besetzung im Jahr 1807 kam Exten mit der Grafschaft an das Königreich Westfalen. König war Jerome, ein Bruder Napoleons, der 1809 die Universität in Rinteln aufhob. Zur Schleifung der Festung Rinteln (1807) mussten die Bauern aus der ganzen Grafschaft - also auch aus Exten - ihre Pferde für Spanndienste stellen. Die Besetzung endete 1813 mit dem Abzug der Franzosen. An den Freiheitskriegen 1813 bis 1815 nahmen elf Extener teil, die alle wieder heimkehrten. Angeblich aus Besorgnis, dass König Jerome das Rittergut ohne Entschädigung einziehen würde, verkaufte Ferdinand Graf von Wartensleben es 1809 für 55000 Taler an Dietrich Giesbert von Wardenburg. Der neue Besitzer ließ sogleich mehrere Neubauten, darunter die Orangerie, errichten. Hierdurch geriet er in Zahlungsverzug und musste das Gut bald wieder abgeben. 1814 kam es für das Meistgebot von 35000 Talern an den Kaufmann Wilhelm Grimmell aus Bremen. Nach dem Tod Grimmells 1839 ging das Gut anfänglich auf dessen Schwester, dann auf seine Nichte, die Ehefrau des Detmolder Regierungspräsidenten Christian Theodor von Meien über. Das Gut ist bis heute im Besitz der Familie von Meien geblieben.
Nachdem die Wasserkraft der Exter schon seit Jahrhunderten für die Mühle und seit Mitte des 18. Jahrhunderts für die Eisenhämmer genutzt worden war, trieb sie ab 1810 auch die Maschinen in den von H. W. Francks und Fr. Francks gegründeten Messerfabriken an. Die Francks kamen aus Karlshafen. Ihre Fabriken standen im Gallenort. Eine weitere Messerfabrik (Francks Söhne, später Schade) kam 1838 hinzu. Um 1850 beschäftigten die Messerfabriken etwa 90 Arbeiter, die Hammerwerke, wie bereits erwähnt, rund 15 Arbeiter. Jährlich wurden etwa 300.000 Messer und Gabeln sowie 8000 Sensen, Spaten, Schaufeln und Strohmesser hergestellt.

1820 wollte die „Dorfschaft Exten" dem benachbarten Rinteln Konkurrenz machen: Sie beantragte bei der kurfürstlichen Regierung die Genehmigung von drei Vieh- und Krammärkten jährlich. Der Rat der Stadt Rinteln führte gegen den Plan viele Bedenken an. Er meinte, dass die Dorfmärkte mehrere Rintelner Einwohner zur Geldverschwendung anregen und es in Exten zu schweren Ausschweifungen kommen würde, die auf dem Dorf nun einmal nicht so leicht zu verhindern wären wie in der Stadt. Außerdem fürchtete man um das Einkommen der Rintelner Bier- und Branntweinschänken sowie der Bäcker und Metzger. Schließlich sollten die Extener bedenken, dass ihre Fabrikproduktion - Erzeugnisse der Messerfabriken und Eisenhämmer - in Rinteln viel besser an den Mann zu bringen seien als in Exten. Die Regierung lehnte den Antrag ab, und den Extenern bliebt nichts anderes übrig, als weiterhin die Rintelner Messe zu besuchen, wie sie es heute noch gern tun.
Am 13. August 1837 brachte die Exter, die den Bürgern sonst Arbeit und somit das tägliche Brot lieferte, ein schweres Unglück über das Dorf. Infolge eines unmittelbar oberhalb des Ortes niedergehenden Wolkenbruches stieg sie innerhalb weniger Minuten um fast vier Meter. Beinahe das ganze Dorf wurde überflutet. Häuser stürzten ein, alle drei Brücken wurden weggerissen und viel Vieh ertrank. Auch ein Menschenleben war zu beklagen; ein vierjähriges Kind wurde aus einem Haus auf der Insel durch das Fenster fortgetrieben. Die Not der Bevölkerung war furchtbar. In der Grafschaft und in den benachbarten Landschaften und sogar in Bremen wurde für die Betroffenen gesammelt.
Im Jahr 1866 wurde die Grafschaft Schaumburg mit Kurhessen von Preußen annektiert. Die Extener waren damit preußische Untertanen geworden, was sie bis zur Bildung des Landes Niedersachsen nach dem 2. Weltkrieg blieben.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Korbmacherei in Exten gewerblich aufgenommen. 1874 gründete man den ersten Korbbetrieb. Besonders zum Erblühen kam dieses Handwerk, als die Messerschmieden um die Jahrhundertwende ihre Fabrikation einstellten. Mit Körben beliefert wurden vor allem die Glas-, Kleineisen- und Fischindustrie. Zeitweise waren 150 bis 160 Korbmacher mit der Fertigung beschäftigt. Noch mancher Leser wird sich daran erinnern, dass die Körbe mit hochbepackten Leiterwagen zum Bahnhof Exten gebracht wurden, wo man sie zum Weitertransport in Waggons verlud. Mitte der fünfziger Jahre des vorigen  Jahrhunderts kam die Korbindustrie durch die Erfindung neuer Verpackungsmaterialien (Plastik) zum Erliegen.


Für 1879 ist zu vermerken, dass die Gemeinde auf Anordnung der Regierung in Kassel auf dem Anger eine neue Schule baute. Ferner wurde in diesem Jahr der Männergesangverein gegründet. 1883 wurde der Bestand an Orangen-, Myrten- und Zedernbäumen aus der Gutsorangerie für 3000 Mark an die Orangerie Herrenhausen verkauft. Die Schaumburger Zeitung schreibt: „Dadurch sind wir schon wieder einer Zierde aus der Umgebung von Rinteln ärmer geworden. Wie mancher Brautkranz hat von den Myrtenbäumen schon in den Haaren der schönen Schaumburgerinnen geprangt."
Seit etwa 1830 war der Ort Exten postalisch durch einen von Rinteln kommenden Landbriefträger versorgt worden. 1885 richtete die Deutsche Reichspost eine Postagentur ein. Postagent wurde der Kaufmann und Gastwirt Heinrich Rohde. Weiteres über die Post siehe später.
Exten war der erste Ort im weiten Umkreis, der mit elektrischem Strom beliefert wurde. 1902 gründete man ein Elektrizitätswerk. Die Zentrale wurde auf dem Kretzerschen Eisenhammer errichtet und von dort die Leitung ins Dorf verlegt. Das Werk hieß „Extenia". Es versorgte das Dorf bis in die dreißiger Jahre mit Licht und Kraftstrom. Danach übernahm das Elektrizitätswerk „Wesertal" in Hameln die Lieferung des Stroms. Seit einigen Jahren wird an alter Stelle wieder Strom für den Betrieb des Eisenhammers erzeugt und zeitweise auch in das öffentliche Netz eingespeist.
Aus den Jahren vor dem 1. Weltkrieg ist über eine Brandserie in Exten zu berichten. Innerhalb von 7 Jahren brannten 15 Häuser ab. Die Versicherungen erneuerten teilweise ihre Verträge nicht wieder. Vielleicht hat man manchmal bei Gewittern den Blitzen etwas nachgeholfen, um so zu einem neuen Haus zu kommen.


Am Weltkrieg 1914/18 mussten 180 Extener Männer teilnehmen, von denen 47 gefallen sind.
In den zwanziger Jahren wurde Exten an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Die Reichspost richtete 1925 die Kraftpostlinien Rinteln - Fuhlen - Hess. Oldendorf und Rinteln - Bösingfeld ein. Auf der erstgenannten Linie verkehren noch heute - wenn auch von einem Privatunternehmen betrieben - die Busse. Die Linie nach Bösingfeld wurde 1929 eingestellt, als das letzte Teilstück der Extertalbahn in Betrieb genommen wurde und die Züge von Barntrup bis Rinteln durchgehend verkehrten. Exten hatte nun einen eigenen Bahnhof, der für den Personen- und den Güterverkehr rege benutzt wurde. Doch nur vier Jahrzehnte Betriebsdauer waren der Bahn beschieden. Bedingt durch die zunehmende Motorisierung mit einem starken Rückgang der Fahrgäste wurde die Personenbeförderung 1969 von Bahn- auf Busbetrieb umgestellt. Die Strecke Exten-Barntrup wird seitdem nur noch für den Güterverkehr und eine unregelmäßig verkehrende historische Bahn genutzt. Der Bahnhof trägt jetzt den Namen Rinteln Süd.


Genau 100 Jahre nach dem großen Hochwasser der Exter traf 1937 wiederum eine Unwetterkatastrophe den Ort. Am späten Abend des 11. Juni ging über dem Extertal von Vallentrup unterhalb Bösingfeld bis Exten sowie den Seitentälern ein heftiger Gewitterregen nieder, der etwa vier Stunden anhielt. Die Exter stieg rasch an, und von Nalhof bis Uchtdorf wurden mehrere Brücken weggerissen. In Exten stieg das Wasser um anderthalb Meter. 70 Häuser wurden überflutet, wobei die Insel und der Anger besonders betroffen waren. Vieh ertrank in den Ställen und Bauern gerieten in Lebensgefahr, als sie ihre Kühe und Schweine retten wollten. Vom Zimmerplatz an der Koch'schen Mühle wurden Bauhölzer mitgerissen; sie richteten großen Schaden an. Den Korbmachern in Exten und auch in Uchtdorf entstanden erhebliche Ausfälle, weil viele fertige Körbe und ganze Stapel Weiden fortgeschwemmt wurden. Neben der Feuerwehr Exten waren motorisierte Löschzüge aus Hessisch Oldendorf, Obernkirchen, Rodenberg und Rehren A/R im Einsatz, um bei der Beseitigung der größten Schäden zu helfen.

 


 

 Im zweiten Weltkrieg 1939-1945 blieb Exten von größerem materiellen Schaden verschont. Zwar fielen einige Bomben, und gegen Ende des Krieges fanden Angriffe durch alliierte Jagdflugzeuge statt, Menschenleben waren hierbei aber nicht zu beklagen. Am 4. April 1945 wurde der Ort kampflos an die Amerikaner übergeben. Von den Männern, die zum Militäreinsatz eingezogen waren, starben 56 und mancher wurde erst nach Jahren aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Der Krieg brachte somit über viele Familien erhebliches Leid.
Nach dem Ende des Krieges wurden viele Deutsche aus den Ostgebieten und dem Sudetenland zwangsweise umgesiedelt. In den Jahren 1945 und 1946 fanden 403 Flüchtlinge in Exten eine neue Heimat. So kamen allein am 8. Juli 1946 aus Breslau 49 Personen, und am 26. Juli mussten 89 Flüchtlinge aus Albrechtsau (Schlesien) aufgenommen werden. Die Flüchtlinge brachte man zunächst in den Sälen der Gastwirtschaften Kretzer und Stock unter. Später wurden sie in Privathäuser eingewiesen.
Insgesamt kamen 219 Flüchtlinge aus Schlesien, 57 aus Pommern, 56 aus Ostpreußen, 29 aus dem Sudetenland und 42 aus weiteren Gebieten. Die Einwohnerzahl Extens nahm durch den Zuzug der Flüchtlinge um mehr als ein Viertel zu.
Im Zusammenhang mit den Kriegsfolgen ist noch die Arbeitskompanie zu nennen, die aus Kriegsgefangenen der britischen Besatzungstruppen bestand. Sie war von Weihnachten 1945 bis August 1947 auf dem Gut untergebracht. Die Kompanie wurde beim Bau des Flugplatzes Achum eingesetzt.


Horst PahlkeVor und während des letzten Krieges war für die Gemeinde Exten das Polizei Revier Rinteln zuständig. Am 01.05.1946 wurde in Exten eine Polizei Station eingerichtet. Als Leiter wurde Polizeimeister Horst Pahlke eingesetzt. Sie hat bis zum 01.04.1971 bestanden. Seit diesem Zeitpunkt wurden alle Polizei Stationen in Niedersachsen aufgelöst. Zur Polizei Station Exten zählten die Orte: Exten, Strücken, Hohenrode, Uchtdorf, Volksen, und Wennenkamp. Die Bilder links und rechts zeigen Horst Pahlke am Schützenfest-Montag beim Schiessen der Schützengilde auf dem Schiessstand am Kehl.

 

 


Bauplätze Nach der Währungsreform im Jahre 1948 setzte in Exten eine rege Bautätigkeit ein. Es wurden viele neue Wohnhäuser errichtet, besonders in den sechziger Jahren. Hierzu wurden neue Straßen angelegt, die Kanalisation gebaut und alle Ortsteile an die Wasserleitung angeschlossen. Auch noch heute werden neue Baugebiete ausgewiesen, und so wird der Ort weiter wachsen. Bauplatz Die Gemeinde selbst baute zunächst zwei Wohnhäuser, 1957 das Feuerwehrgerätehaus, 1966 die Schule, 1967 die Friedhofskapelle, 1968 die Turnhalle und 1973 das Dorfgemeinschaftshaus. In letzterem wurde ein Kinderspielkreis eingerichtet, der bis zum Bau des Extener Kindergartens durch die Stadt Rinteln im Jahr 1990 bestanden hat. Die Kirchengemeinde ließ 1964/65 das Gotteshaus, das die älteste Kirche im hiesigen Raum ist, renovieren und 1968 konnten neue Glocken beschafft werden, wofür aus dem gesamten Kirchspiel viele Spenden zusammenkamen.


Letztlich sei noch erwähnt, dass die Orangerie im Gutspark in den Jahren 1989 bis 1993 durch Dietrich von Blomberg instandgesetzt wurde. Die Halle der Orangerie, in der bis 1883 Orangen-, Myrten- und Zedernbäume sowie andere exotische Pflanzen gehalten wurden, dient nun als Rahmen für kulturelle Veranstaltungen. Auch wirtschaftlich nahm der Ort in der Nachbarschaft Rintelns einen regen Aufschwung. So entwickelte sich aus einer 1934 gegründeten Lohnmosterei ein Großunternehmen der Getränkeindustrie, das neben dem Stammwerk in Exten weitere Werke in Mecklenburg und Baden-Württemberg betreibt. Und aus kleinen Handwerksbetrieben entstanden  Unternehmen in den Branchen Ladenbau, Tischlerei, Näherei, Baugewerbe und Autohaus. Hierbei ist zu sagen, dass zwei früher in Exten ansässige Betriebe inzwischen aus räumlichen Gründen in das Industriegebiet Rinteln Süd ausgelagert worden sind. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands haben diese beiden Unternehmen Zweigbetriebe in den neuen Bundesländern gegründet. Eine Druckerei zählt ebenfalls zu den Betrieben, die in der Nachkriegszeit in Exten entstanden sind. Aber auch die vielen kleineren Handwerks-, Gewerbe- und Einzelhandelsbetriebe sollen nicht unerwähnt bleiben. Sie alle spielen im Dorf eine wichtige Rolle. Insgesamt ist zu sagen, dass der Ort, wie schon einmal zu Zeiten der Messerfabriken und Eisenhämmer, im Rintelner Raum einen wichtigen Platz einnimmt.


Für die Landwirtschaft, die jahrhundertelang Haupteinnahmequelle vieler Ortsbewohner war, sah dagegen die Entwicklung nicht gut aus. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden immer mehr Betriebe stillgelegt, es setzte das sogenannte Höfesterben ein. Die Zahl der Milchlieferanten sank von etwa 40 bei Kriegsende auf den jetzigen Stand von fünf. Von den verbliebenen landwirtschaftlichen Betrieben haben zwei auf Selbstvermarktung umgestellt, wobei einer Bio-Produktion betreibt.


Zu erwähnen ist noch, dass die Gemeinde Exten 1963 ein eigenes Wappen erhielt. Es zeigt im Schaumburger Nesselblatt den Mindener Schlüssel und das Horn des Geschlechts von Eckersten.
1973 beschloss der Gemeinderat auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Heinz Maack die Einrichtung der Heimatstube Exten, die in zwei Klassenräumen der ehemaligen Schule am Anger untergebracht wurde. Neben zahlreichen Exponaten hat hier inzwischen auch das Dorfarchiv mit umfangreichem Schriftgut seinen Platz gefunden.
Die Gemeindereform im Jahr 1974 brachte die Eingliederung der Gemeinde Exten in die Stadt Rinteln. Exten wurde Ortschaft mit einem Ortsrat und einem Ortsbürgermeister. Als Verbindungsglied zwischen Bürger und Stadtverwaltung fungiert eine Verwaltungsstelle mit einem Verwaltungsstellenleiter. Die Ortschaft hat sich seit 1977 wiederholt am Kreiswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden" beteiligt. Als bestes Ergebnis konnte 1980 ein beachtlicher 2. Platz erzielt werden. Die Teilnahme am Bezirkswettbewerb 1993 wurde „mit gutem Erfolg" bewertet.
Exten hat in einer Festwoche vom 14. bis 24. Juni 1996 sein 1100jähriges Bestehen gefeiert. Der Ort hat im Laufe der Jahrhunderte eine stetige Aufwärtsentwicklung erlebt. Dies gilt insbesondere für die letzte Zeit. Es bleibt zu hoffen, dass das Dorf weiter wachsen möge und seine Bürgerinnen und Bürger in friedlichen Zeiten leben können.